Stadtarchiv Eberbach

Ingobert Fritsche: Die Aufgaben des Stadtarchivs Eberbach, in: Eberbacher Geschichtsblatt 86 (1987), S. 161-163.

Es ist vor allem der persönlichen Initiative von Bürgermeister Schlesinger zu verdanken, dass im Herbst 1986 der Bau des Stadtarchives begonnen wurde. Nach längerer Überlegungsphase und Diskussion um
Für und Wider, unter Auslotung aller finanziell tragbaren Möglichkeiten, entschieden sich die städtischen Gremien für den Standort Pleutersbach, mit dem Vorteil der absoluten Hochwassersicherheit, dem besseren Kleinklima, d. h. schadstoffärmere Luft als im Stadtzentrum, der Möglichkeit der späteren Erweiterung, der Einbeziehung des im ehemaligen Schulbau vorhandenen Raumangebotes und den gebotenen Parkmöglichkeiten.

Der kritische Bürger wird sich sicher die Frage der Notwendigkeit eines solchen Bauprojektes stellen. Nun, vor dem Hintergrund der mehr als 750-jährigen Stadtgeschichte und dem glücklichen Umstand der Bestandserhaltung über Jahrhunderte hinweg kann diese Frage mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden. So liegen die ersten Urkunden aus dem Jahre 1346 noch vor. Die Amtsbücher, hier handelt es sich um sogenannte Waldbücher, die heutige Bezeichnung wäre „Grundbuch", beginnen um 1410. Das Eidbuch der Stadt Eberbach, beginnend 1592, welches die Eidesformeln vom Bürgermeister bis zur Hebamme fixiert, hat die Zeit überdauert. Die Reihe interessanter alter Zeitdokumente ließe sich fortsetzen. Es wurden hier nur ausschnittsweise einige Titel aus dem umfangreichen Bestand herausgegriffen. Diese Archivbestände zu erhalten, ist nicht nur kulturelle Aufgabe der Stadt, sondern auch durch das baden-württembergische Archivgesetz geregelt, welches gewissermaßen durch die Definition, Archivgut ist Kulturgut" die Kommunen verpflichtet, archivwürdiges, historisch wertvolles Material aufzubewahren und der Nachwelt zu sichern.

Um den Aufgabenbereich eines modernen Archivs darzustellen und heutige Bemühungen auf diesem Gebiet verständlich zu machen, muss man die Geschehnisse des ausgehenden 18. Jahrhunderts rekapitulieren. Das Ende des „ancien regime", die französische Revolution von 1789 mit ihrem Wahlspruch: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, ist gewissermaßen die Geburtsstunde des modernen Archivs als Institution, die jedem Bürger offensteht, denn bis dahin waren Archive Geheimarchive, die überwiegend dem jeweiligen Landesherrn bei juristischen Auseinandersetzungen zur Wahrung seiner Rechte dienten.

Aus dieser Aufgabenstellung heraus waren auch die früheren Archivare Juristen, während der heutige Archivar des gehobenen Dienstes eine Ausbildung als Historiker durchlaufen hat. So liegt auch heute der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit des Archivars in der Geschichtsforschung. Seine weitere Aufgabe besteht natürlich in der Bewertung und Archivierung von zeitgeschichtlichem Material. Dieses Archivierungsspektrum kann von Archiv zu Archiv verschieden sein, je nachdem, welches Dokumentationsprofil angestrebt wird.

Unser Stadtarchiv sieht den Schwerpunkt seiner Aufgabe in der Dokumentation des kommunalen Geschehens, d. h. dem Sammeln und Aufarbeiten des Schriftgutes:


- aus dem städtischen Verwaltungsbereich einschließlich Gemarkungs- und Bauplänen, Landkarten und ähnlichem Planmaterial, städtischen Gedenkmünzen.

- Archivierung der Eberbacher Zeitung sowie verschiedener Gesetzblätter, wie z. B. des Staatsanzeigers von Baden-Württemberg.

- Aufbewahren von Material aus dem Eberbacher kulturellen Bereich. Hierzu zählen z. B. Plakate und Festschriften der Vereine, Plakate kultureller Veranstaltungen wie Konzerte, Theateraufführungen, Ausstellungen usw.

- Sammeln von Bildmaterial. Hierzu zählen Fotos und Dias aus alter wie auch neuerer Zeit, Stiche, Zeichnungen, Gemälde. Sammeln verschiedener Tonträger wie Schallplatten oder Tonbänder. Hierzu gehört auch die Aufbewahrung von Filmen und Videobändern.


- Handzettel, Flugschriften, graue Literatur zählen ebenfalls zu dem Sammelgebiet.

- Dokumentationen aus dem Wirtschaftsbereich, Aufbewahrung von Akten erloschener Firmen.

- Führung einer Archivbibliothek mit dem Schwerpunkt heimat- und volkskundlicher Literatur.

Eine der Hauptaufgaben liegt auf dem Gebiet der Buch- und Akteninstandsetzung. Durch jahrzehntelange unsachgemäße Lagerung im Haspelturm entstanden Schäden an dem Archivgut. Eine im Neubau vorgesehene Buchbinderei und Restaurierungswerkstatt wird über viele Jahre hinweg mit der Beseitigung der Lagerschäden beschäftigt sein. Die Magazine werden nach neuesten archivtechnischen Gesichtspunkten eingerichtet. 

Eine besondere zweischalige Bauweise mit 50 cm starkem Ziegelmauerwerk wird nach dem Prinzip der natürlichen Klimatisierung für ein ausgewogenes Raumklima sorgen. Modeme, fahrbare Kompaktregalanlagen sind zur Aufnahme des Archiv- und Sammelgutes vorgesehen. Ein Personen- und Lastenaufzug verbindet Erd- und Obergeschoß miteinander.

Zur horizontalen Beförderung der Archivalien werden vierrädrige Stirn- und Etagenwagen eingesetzt. Des weiteren sieht die Planung elektronische Brand- und Einbruchmeldeanlagen vor. Für Benutzer ist ein besonderer Raum vorgesehen, der ungestörtes Arbeiten erlaubt. Bei all dem großen Engagement der Verwaltung ist leider bei Vereinen wie auch Bürgern eine gewisse Zurückhaltung in der Unterstützung des Archivs bei der Abgabe entsprechenden Materials zu vermerken. Es wäre sehr begrüßenswert, wenn aus diesen Kreisen dem Archiv Unterlagen in Form von Plakaten, Festschriften oder Fotos o. ä. zufließen würden, denn all die Anstrengungen, die auf diesem Gebiet seitens der Stadt unternommen werden, dienen ja letztlich doch wieder dem Form. Bürger in irgendeiner Form. 

Soweit der Aufsatz des ersten hauptamtlichen Stadtarchivs Ingobert Fritsche, der den Bau des heutigen Stadt- und Verbundarchivs Eberbach in den 1980er-Jahren plante. 

Kontakt

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